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Übersicht Fußschellen
Country: USA
Manufacturer: Leininger
Model: Oregon Boot
Material: steel nickel plated
Weight: 6700g
Schon länger habe ich Onlineauktionen beobachtet, auf denen Oregon Boots angeboten wurden,
bisher lieferten sich die prominenten Sammler aus aller Welt Bietschlachten, die in
astronomische Höhen führten. Im Mai 2011 wurde wieder einer angeboten und es gab diesmal
kaum Mitbieter, genauer gesagt nur einen. Der hatte mich zwar überboten, aber offensichtlich
nicht bezahlt oder ist vom Kauf zurückgetreten, so daß ich die Gelegenheit hatte, den
Oregon Boot als Zweitbieter kaufen zu können. Mit rund $2000 war er geradezu ein Schnäppchen,
vor allem, wenn man bedenkt, daß der mit Originalschlüssel, einer weiteren Schlüsselkopie,
dem Ständer incl. einer kuriosen Montage auf einer Stahlsohle und einer Tragetasche
angeboten wurde. Außerdem ist der Oregon Boot voll funktionsfähig.
Die eigentliche Fessel ist ein zweiteiliges Gewicht, das um das Fußgelenk angelegt wird und
durch sein hohes Gewicht eine Flucht unmöglich macht. Der Oregon Boot wurde vor allem für
Gefangenentransporte verwendet. Eine längere Verwendung über Tage verursachte Verletzungen,
der Oregon Boot wurde in so einem Fall als "Man Killer" bezeichnet. Es gab offensichtlich
verschiedene Exemplare mit verschiedenen Gewichten, es ist die Rede von ca. 2.5kg bis zu
ca. 14kg, mein Exemplar liegt mit 6.7kg in der "Mittelklasse".
Der Verschluß ist relativ einfach gestaltet: Zwei Bolzen einer Hälfte ragen in entsprechende
Löcher der anderen und werden dort mit einer Art großen Madenschraube dort fixiert. In
den Bolzen sind auch die Vertiefungen zu sehen, in denen die Madenschrauben Halt finden.
Um die Bolzen ist noch eine Art Unterlegscheibe angebracht, sie ist frei drehbar, aber
nicht abnehmbar. Sollte jemand versuchen, den Oregon Boot an der Trennstelle aufzusägen,
um so die Haltebolzen zu durchtrennen, trifft die Säge auf diese Scheiben, die dann auf
dem Sägeblatt abrollen und so ein Weitersägen verhindern. Bleibt als einzige Methode nur
das Durchsägen des ganzen Querschnittes, der wirklich gigantisch ist. Eine Bearbeitung
mit einem Hammer, auch einem Vorschlaghammer, ist völlig aussichtslos. Bei meinem Exemplar
sind übrigens tatsächlich Schlagspuren sichtbar, die aber nur geringe Eindrücke
hinterlassen haben, obwohl da vermutlich mit großer Kraft eingeschlagen wurde.
Das Besondere am Verschluß ist das Gewinde für den Schlüssel. Es ist sowohl ein Rechts- als
auch ein Linksgewinde übereinander auf die sog. Madenschraube geschnitten worden, so daß
die Oberfläche rautenförmig aussehn dürfte, wenn man das Teil ausbauen könnte. Weiter
unten hat die Madenschraube ein normales Rechtsgewinde. Der Originalschlüssel hat zwei
Rohre mit Innengewinde, eines mit Rechtsgewinde, mit dem man nur abschließen kann,
indem man damit die Madenschraube rechtsherum hineinschrauben kann. Die andere Seite
hat ein Rohr mit Linksgewinde, nur damit kann man die Madenschraube wieder lösen.
Gängige Gewindeschlüssel (z.B. für Darbys) haben Rechtsgewinde, selbst wenn sie vom
Durchmesser her passen sollten, kann man damit den Oregon Boot nicht öffnen. In
der damaligen Werbung stand auch "the only way to remove an oregon boot is with the key".
Die einzige Chance bestünde nur mit einem passenden Rohr, das in das Schlüsselloch hineinpaßt
und dessen Innendurchmesser etwas kleiner als das Doppelgewinde ist, so daß man das Rohr
darauf verklemmen und so drehen kann. Das Rohr müßte aber schon genau die richtigen Maße
haben, sonst klappt das nicht.
Auf einer Hälfte ist das Patentdatum eingeschlagen, es ist aber kaum noch zu erkennen:
"PAT. MAY 16, 76", es ist das Patent von Leininger, es ist natürlich das Jahr 1876 gemeint.
Dieses Exemplar ist laut Verkäufer in der "Wyoming State Penitentiary" verwendet worden,
auf beiden Hälften sind die Buchstaben "WSP" eingeschlagen worden. In den ersten Jahren
nach der Patentvergabe wurden Oregon Boots den Gefängnisinsassen dauernd angelegt, da
es ein großes Problem mit etlichen Ausbrüchen gegeben hatte. Da das Tragen über längere Zeit
starke Verletzungen nach sich zog, ist man dann doch von dieser Praxis wieder abgekommen und
verwendete den Oregon Boot hauptsächlich nur noch zur Sicherung von Gefangenentransporten.
Normalerweise wird der Oregon Boot mit eine Halter geliefert, der oben einen Ring hat, auf
dem die eigentliche Fessel aufliegt und der mit einem Bügel und einer dort am unteren
Ende befestigten Platte am Absatz eines Schuhs festgeschraubt wurde. Entweder hat man einen
Schuh in Übergröße verwendet oder den Halter am Schuh des Gefangenen angeschraubt. Bei
diesem Exemplat hat man eine Stahlsohle angefertigt und die an den Halter mit drei
Schrauben und Muttern befestigt, auf dieser Stahlsohle wurde dann der Schuh des Gefangenen
ähnlich wie bei einem Rollschuh festgeschnallt. Die Schnalle am Hackenteil fehlt inzwischen,
die Befestigungsösen sind noch da, ich werde evtl. noch einen Lederriemen mit Schnalle dafür
anfertigen, den man abnehmbar daran befestigen kann. der zweite Lederriemen weiter vorne
ist noch vorhanden. Als weitere Modifikation ist der Auflagering oben mehrfach mit
Lederriemen umwickelt worden. Außerdem gibt es zwei kleine Kettchen an diesem Auflagering,
vermutlich dienten sie dazu, die Fessel auf dem Auflagering zu fixieren, so daß sie nicht
so leicht seitlich wegrutscht. Ob das wirklich so funktioniert hat, halte ich für Zweifelhaft.
Der Auflagering ist so klein, daß man mit dem Fuß nur durchpaßt, wenn man keinen Schuh anhat,
schließlich ist er durch die Lederumwicklung noch etwas kleiner geworden. Man muß also den
Schuh schon vorher auf der Stahlsohle locker anschnallen und dann mit dem Fuß durch den
Haltering in den Schuh steigen. Danach kann die eigentliche Fessel angelegt werden.
Die Stahlsohle ist offensichtlich nachträglich angefertigt worden, sie hat schon Nähte
vom Elektroschweißen, der Haltering mit Anschraubplatte ist aber wohl original, denn die
Anschraubplatte, die normalerweise an den Absatz des Schuhs geschraubt wird, ist auf
althergebrachte Weise angenietet.
Der Originalschlüssel hat zwei Enden, eines mit Rechtsgewinde zum Abschließen und eines
mit Linksgewinde zum Aufschließen. Die Seite zum Abschließen ist auf dem Holzgriff mit
einem "X" gekennzeichnet, man kann es noch erkennen. Die Schlüsselkopie ist wahrscheinlich
deutlich später angefertigt worden, der Griff ist elektrisch angeschweißt und die Stifte
im Rohr sind hartgelötet. Statt eines Gewindes hat das Rohr der Schlüsselkopie
nur zwei gegenüberliegende Stifte, die in beiden Richtungen im Doppelgewinde der
Madenschrauben Halt finden, so daß man mit dem Schlüssel sowohl ab- als auch
aufschließen kann.
Die Tragetasche sieht so aus wie auch bei einigen anderen Oregon Boots, die früher
verkauft wurden, sie könnte durchaus original sein. Dafür spricht auch, daß zwar die
eigentliche Fessel und der originale Ständer ohne Schuh oder Stahlsohle hineinpassen würde,
der hier gezeigte Ständer mit der Stahlsohle paßt aber nicht mehr hinein. Nur das Lederband
oben an der Tasche zum Zubinden ist neu, das alte fehlte wohl oder ist schon früher
zerrissen.